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Oostvaardersplassen
Naturentwicklungsgebiet Oostvaardersplassen  

EINLEITUNGSTEXT: Am Freitag dem 20.06, fuhren wir mit 2 Bussen von Oldenburg etwa 250 km in Richtung Flevoland, schlugen in Lelystad unsere Zelte auf und ließen für ein Wochenende den Alltag hinter uns um die Natur zu genießen und etwas über Naturschutz auf Niederländisch zu erfahren. Am Samstag erwartete uns eine Spannende Führung durch die „Wildnis“ der Oostvaardersplassen und am Sonntag wanderten und wateten wir durch die Kulturlandschaft der Drentschen Aa.

Oostvaardersplassen - die Serengeti der Niederlande

HINTERGRUND: Am nordöstlichen Außendeich bekamen wir einen Einblick in die Entstehungsgeschichte der komplett vom Menschen geschaffenen Landschaft. Der Polder von Südflevoland fiel erst 1968 trocken und Ingenieure wie Lely hatten mit dem Gebiet auf dem sich heute Oostvaardersplassen befindet große Pläne. Auf dem neu gewonnenen Land zwischen den Städten Ameland und Lelystad sollte ein Industriegebiet für die Weiterverarbeitung von Rohöl entstehen. Die Ölkrisen, Probleme bei der Entwässerung und die aufkommende Umweltbewegung der 1970er Jahre führten schließlich dazu, dass es anders kam. Bereits 1974 wurde ein 3600 ha großes Sumpfgebiet aus der Nutzung genommen, denn es bestand kein weiterer Bedarf an landwirtschaftlichen Flächen. Es entwickelte sich in relativ kurzer Zeit eine einzigartige Naturlandschaft die 1986 zum „Staatsnatuurmonument“ erklärt wurde und nur 3 Jahre später als Ramsar-Vogelschutzgebiet internationale Bedeutung erlangte. Heute umfasst das Gebiet eine Fläche von 5600 ha. Für die Zukunft planen Niederländische Naturschützer eine weitere Vergrößerung des Gebietes vor. Zusätzlich soll es mit ähnlichen Schutzgebieten vernetzt werden und einen Korridor bis zur Lippe bilden. Unser ausgezeichneter „Guide“ verschaffte uns weitreichende Einblicke in die Debatten und politischen Prozesse, die zur Entwicklung des Gebietes, so wie wir es vorgefunden haben, geführt haben und immer noch „hinter den Kulissen“ ablaufen und zeigen, dass Naturschutz immer auf die Unterstützung und das Interesse der Öffentlichkeit angewiesen ist.

NATURSCHUTZ UND ARTENVIELFALT: Oostvaardersplassen ist ein Wildnisentwicklungsgebiet, in dem sich offenes Grasland mit flachen Seen, ausgedehnten Schilfgürteln und Wäldern abwechseln. Beim Management stehen der Prozessschutz und die Schaffung einer strukturreichen Landschaft noch vor dem Artenschutz. Tatsächlich ist das junge Gebiet mit 250 Pflanzenarten nicht besonders Artenreich. Durch natürliche Sukzession würden die Flächen schnell verbuschen und Wälder würden sich überall ausbreiten. Um dies zu verhindern wurden 1992 Großherbivoren (Heckrinder, Königspferde und Rothirsche) angesiedelt. Sie können sich im Gebiet frei bewegen und vermehren und sorgen dafür, dass der Charakter der Offenlandschaft erhalten und das Gras kurz bleibt. Auf ebenfalls grasende Vögel, wie die Graugans wirkt sich das sehr positiv aus. Man kann in Oostvaardersplassen 250 Vogelarten antreffen, 25 davon von internationaler Bedeutung. Die Großherbivoren sind in Oostvaardersplassen völlig sich selbst überlassen, was auch bedeutet, dass sie im Winter, wenn das Nahrungsangebot knapp ist, nicht gefüttert werden. Lediglich sterbende Tiere werden von Rangern aus dem Gebiet entfernt, da es zu wenige Aasfresser gibt und die Gefahr besteht, dass sich Krankheiten ausbreiten. Neben diesem findet nur ein weiterer Eingriff in das Gebiet statt; aus Gründen des Küstenschutzes wird der Wasserstand im ganzen Gebiet, wie fast überall in den Niederlanden reguliert. Ausgestattet mit Fernglas und Spektiv haben wir von den vielen Beobachtungshütten aus Löffler, Nilgänse, Bartmeisen, Silberreiher und Blaukehlchen gesehen, um nur die Highlights zu nennen, aber auch die großen Weidetiere so ohne Zäune aus der Nähe zu beobachten war sehr beeindruckend.

Die Nationale Strom - und Angerdorflandschaft Drentsche Aa

HINTERGRUND: Südlich von Groningen liegt der Nationalpark „Drentsche Aa“. Aa ist eine im Niederländischen häufig vorkommende Bezeichnung für Fließgewässer und bedeutet ‘Wasser’; Drentsche bezieht sich auf die Provinz, in der das Gebiet liegt. Als alte Kulturlandschaft bot dieses Gebiet ein gutes Kontrastprogramm zur am Vortag bestaunten „jungen Wildnis“ in Oostvaardersplassen. Seit den 60er Jahren beschäftigt sich das niederländische Forstamt mit der Pflege und Entwicklung des Gebietes. Das Naturschutzkonzept sieht vor, den allgemeinen Naturschutz mit Schutz und Pflege landschafts- und kulturgeschichtlicher Werte in Einklang zu bringen, also die historisch gewachsene Kulturlandschaft zu erhalten. Bei diesem breiten Ansatz sollen Natur, Landschaft und Landwirtschaft, Erholung, Einwohner und Benutzer, Wasserhaushalt und Kulturgeschichte berücksichtigt werden. 2002 wurde das Drentsche Aa als Nationalpark ausgewiesen.

GEOLOGIE UND WASSER: Charakteristisch für das Drentsche Aa ist der mäandrierende Flusslauf der Drenthe und ihrer Nebenflüsse. Die Entstehung der Landschaft reicht bis in die Saale- Eiszeit zurück in der sich Schmelzwassertäler bildeten. Dazwischen liegen Auenbereiche, Quellbereiche, Senken mit Mooren aber auch Flugsanddünen sind als Überbleibsel der Eiszeit noch heute zu sehen. Eine Besonderheit des Gebietes sind Granitfindlinge, die man überall im Gebiet als Hünengräber aufgeschichtet finden kann. Die gesamte Flusslandschaft hat einen hydrologischen Einzugsbereich von 30.000 ha, innerhalb von Drentsche Aa liegen 10.600 ha.

KULTURGESCHICHTE: Laut einem Bericht des archäologischen Beratungsbüros der Niederlande gehört das Drentsche Aa zu den charakteristischsten, besterhaltenen Elementen der Angerdorflandschaft. Innerhalb der pleistozänen Landschaften von Belgien, Deutschland und Dänemark sowie der Niederlande gibt es praktisch kein Sandgebiet, in dem die historische Schichtung der Landschaft noch so komplett und mit einem solchen hohen Detaillierungsgrad erhalten geblieben ist wie im Drentsche Aa. In der alten Kulturlandschaft gibt es bereits seit über 2000 Jahren eine Bewirtschaftung durch den Menschen.

NATUR UND LANDSCHAFTSSCHUTZ: Seit 1965 konnten die im Gebiet wirtschaftenden Bauern ihre Flächen lukrativ an eine Stiftung verkaufen, die sie das Naturschutzmanagement dem staatlichen Forstamt übertrug. Deren Konzept sieht vor, die Vegetation durch Mahd oder Beweidung kurz zu halten. Durch diesen Pflegetyp sind nährstoffarme Flächen mit einer reichen Flora entstanden (Orchideen, Klappertopf-Arten, Dotterblume, Schwarze Rapunzel, schwarze Teufelskralle, dreiblättriger Fieberklee, Sumpf-Läusekraut) Beim Naturschutz steht der Artenschutz im Vordergrund, so ist an das Vorkommen bestimmter Zielarten, wie Lungenenzian, breitblättriges Knabenkraut, Dotterblume oder Saumsegge die Vergabe von Naturpflege-Zuschüssen gekoppelt.

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